"Prince Charming": Flaschendrehen und ganz viel Wodka - queer.de

2022-11-14 14:47:50 By : Ms. Lucky Zhang

In der siebten Folge der Gay-Datingshow werden viele Küsse – und eifersüchtige Blicke – ausgetauscht. Doch am Ende gibt ausgerechnet unser Lieblings-Kandidat seine Krawatte "sehr, sehr gerne" ab. Achtung Spoiler!

"Wahrheit oder Pflicht?" Der Beginn der siebten Episode der aktuellen Staffel von "Prince Charming" bietet nicht nur eine Rückkehr zu Runden der Scham und Bloßstellung in jugendlichen Party-Kontexten, sondern auch die Erfüllung des in der letzten Woche versprochenen "Flaschendrehens mit Übernachtungsdate". Eine Menge Küsse – und eifersüchtige Blicke – werden in dieser Spielrunde ausgetauscht: Die ersten Minuten sind ein chaotisches Fiasko aus unzähligen Schnitten zwischen Augenkontakten und Interviews, die die aufeinanderprallenden Reize der sieben verbleibenden Kandidaten auffangen. Es sei langsam kein Spiel mehr, betont der Prinz mehrfach. Die Wahl des Schlafplatzes zögert Fabian bis zur letzten Sekunde heraus, um zu ermitteln, "wie die Vibes sind". Der geschmacklose Wortwitz, diese Aussage mit "Weibsvolk" in Verbindung zu bringen, unterstellt den schwulen Teilnehmern eine Anpassung an feminine Verhaltensweisen – und hinterlässt einen bitteren Beigeschmack des starr binären Geschlechterverhältnisses, das die Serie wöchentlich reproduziert. Initiative übernimmt Tim, der selbstaufopfernd das Bett für die Idealvorstellung seines Prinzen bezieht, an die er sich festkrallt. Belohnt wird er mit einer kuschligen gemeinsamen Nacht.

Sportsession am frühen Morgen

Das gemeinsame Frühstück am nächsten Morgen könnte so gemütlich sein: Gemeinsam lachen, sich die Brötchen mit einer dicken Marmeladenschicht bestreichen, Kaffee schlürfen und der frühen Tageszeit angemessene Belanglosigkeiten austauschen. Aber nein, Fabian kommt auf die Idee, diese Idylle mit der Vorstellung seines perfekten Morgens zu durchkreuzen, indem er die Jungs zum Trainieren anspornt. Ich bin ehrlich, ich hätte es wie Dennis O. gemacht: Mich neben diese unangenehme Sportsession zu setzen und köstlich über den Ausdruck toxischer Männlichkeit zu amüsieren. Ein Stranddate mit traumhaftem Wetter, nassem Spaß an der griechischen Küste und gemeinsamem Grillen erwartet Leon, Basti, Tim und Dennis O. an diesem Tag. Letzterer – und genau deswegen liebe ich diesen Charakter- macht sich über das maskuline Stereotyp des Würstchengrillens lustig: Er grölt ein machoartiges "Männer!", hebt die Grillzange über den Kopf und gestikuliert affenähnlich. Leon kokettiert mit dem queeren Klischee, dass es mehr schwule Männer als anwesend bräuchte, um die Würste zu braten.

Fabian findet Leon "nicht authentisch"

Er habe "sehr viel Drang, sich darzustellen": Leon wird von Fabian mit dem überraschenden Vorwurf konfrontiert, für ihn "nicht authentisch" zu wirken – sein Hang zur Selbstinszenierung sei ihm "too much". Was für den Prinzen die Maßstäbe sind, an der er die Authentizität von Personen misst, bleibt sowohl für die Zuschauer*innen als auch für Leon unklar. Dieser Dialog wird (glücklicherweise) durch die ungeduldigen Teilnehmer durchbrochen, die am Strand kurz Krabben beobachtet und es nicht ausgehalten hatten, zwei Menschen kurze Zeit für ein intimes Gespräch allein zu lassen. Später sucht Leon gezielt den Kontakt mit dem Prinzen, um die Grundlagen dieser Kritik zu erfragen. Dieser entgegnet, dass Leon eine "komplexe Personality" habe und dass die Persönlichkeitsstrukturen der anderen Kandidaten vergleichsweise schneller zu durchdringen seien. Dieser geringe Anspruch, der hier zur Geltung kommt, würde jedenfalls einige fragwürdige Entscheidungen für aktuelle – und gegen bereits ausgeschiedene – Teilnehmer erklären. Für Leon ist klar, dass er wie Joel in der vergangenen Woche die Sendung freiwillig verlassen möchte. Der Prinz klingt wie eine Religionslehrer Zurück zum Strand: Das Gespräch mit Tim ist ein weiterer Nicht-der-Rede-wert-Dialog über Familiengründung – und einer der mannigfaltigen Versuche, queere Beziehungen in heterosexistische monogame Strukturen zu pressen. Mit Dennis O. spricht er über das Heiraten: Fabian erklärt, er fände die Institution Ehe und das damit verbundene Versprechen, vor allem in Krisen zusammenzustehen, schön – und klingt dabei wie ein etwas überambitionierter Religionslehrer. Aber gut, wer's mag. "Das Unerwartete erfüllt zu bekommen, ist immer schöner als das Erwartete." Mit konzentriert zusammengekniffenen Augen saugt sich Basti dieses eher schlecht als recht geratene Sprichwort aus den Fingern und entpuppt sich in diesem lyrischen Ausdruck der Freude über das überraschende Einzeldate als echter Wortakrobat. Der "Top-Favorit", wie Tim ihn nennt, erhält im Anschluss an das Gruppen-Stranddate einige intime Momente mit dem Prinzen. Sie liegen in einem großen Doppelbett am Strand, küssen sich mehr, als dass sie reden. Basti zufolge fühlt es sich wie Fallenlassen und Freiheit an; auch Fabian spricht davon, mit ihm die tiefste Verbindung zu haben. Aber auch die schönste Zeit geht zuneige – und als Basti schon auf dem Weg zur Villa ist, bleibt Fabian noch etwas verdattert sitzen und sinniert in die Kamera, dass ihm dieses Date einen schönen Abschluss für den Tag bereitet habe. Dennis O. will sich verabschieden Zur gleichen Zeit in der Villa, unter den blauen Neonlichtern "Boys Only": Dennis O. bemerkt, dass es Dinge an Fabian gebe, die ihn nicht ganz abholen. Er fände nur sehr schwer Zugang zu tiefgründigen Teilen des Prinzen. Daher entschließt er sich, die Villa zu verlassen und bereitet sich in einer Meditations-Session mit Philippe innerlich auf seinen anstehenden Abschied vor: Dazu soll er sich ein Haar ausreißen und verbrennen. Auch wenn diese Szene skurril und bizarr scheint, sind Dennis' vergossene Tränen, weil er seinen lieb gewonnenen Freund Philippe verlassen muss, ehrlich süß.

Der nächste Morgen, Basti sitzt kerzengrade im Bett: Blümchens "Nur geträumt" schallt laut durch die Räume der Villa. Die anschließende Tanz-Session, die auch das letzte Morgenmuffelchen aus dem Bett lockt, stellt sich als amüsant heraus. Aber schon kurze Zeit später gibt es erneut dicke Luft beim Frühstück: Tim, der seine anfängliche Sympathie schon längst verspielt hat, giftet Philippe an, er habe absolut keine Verbindung zum Prinzen – ganz im Gegensatz zu ihm selbst. Mehr als ein genervtes Augenverdrehen habe ich für diesen von Eifersucht und Verlustängsten verzerrten Charakter nicht übrig. Einen letzten Kuss gibt es mit Dennis S., der mit Fabian zum x-fachen Mal den gesamten potenziellen Beziehungsalltag durchkaut. Im darauffolgenden Gespräch mit den Jungs – oder den "Mädels", wie sie sich Heidi-Klum-esk teils nennen – leugnet er diesen Kuss jedoch: Ob er damit keine weitere Eifersuchtsdebatte auslösen will oder sonstiges, die Motivation bleibt dabei unklar. Mit dem Ausscheiden des unscheinbaren, aber charismatischen Alexander verlässt nun auch die letzte Hoffnung auf ein bisschen Sympathie die Sendung. Den restlichen Kandidaten Basti, Tim, Dennis S. und Philippe gönne ich den Sieg gleich viel – beziehungsweise wenig.

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